Herbeder-Ruhbrücken – ein Kommentar
Mit großem Interesse verfolge ich die Entwicklung rund um den Neubau der Herbeder-Ruhrbrücken. Als
interessierter Hevener Bürger, als die Brücken unterquerender Spaziergänger und als den
beeindruckenden Blick – mit Rad oder Auto – wahrnehmender Brückennutzer!
Die bisherigen Diskussionen zeigen, dass es sich nicht nur um ein reines Verkehrsbauprojekt und eine
pragmatische Verbindung von “A” nach “B” handelt. Die Herbeder Ruhrbrücken sind integraler Bestandteil
des Ruhrtals mit zahlreichen räumlichen und funktionalen Verbindungen und Blickbeziehungen.
Es ist somit eben nicht nur eine ingenieurtechnische Aufgabenstellung. Eine solche Brücke zu erneuern
fordert eine ganzheitliche Betrachtung, was bereits die Diskussion um die Verortung des neuen
Brückenzuges zeigt. Welches Konzept verringert die Sperrzeiten auf ein absolutes Minimum? Was ist der
bestmögliche Trassenverlauf? Wie fügt sich verkehrlich und landschaftsplanerisch ein Abzweig vor den
Bahngleisen ins Gesamtgefüge ein? Welche Möglichkeiten bestehen, die den Brückenzug begleitenden
Baudenkmale (Haus Herbede, Villa Sonnenschein, Rathaus der Medizin) aus dem Schatten der Brücke zu
lösen. Wie werden die Flächen unterhalb der Brücke und der Anschlusspunkt auf Hevener Seite gestaltet?
Wie werden die neuen Brücken eigenlich aussehen? Und was ist wirtschaftlich überhaupt abbildbar? Ein
Konglomerat zahlreicher Fragen, die die Kompexität dieses Infrastrukturprojektes verdeutlichen!
Mit dem Brückenneubau verbinden sich Chancen für die Stadtteile Herbede und Heven-Lake. Die
interkommunlae Arbeitsgemeinschaft der Städte Herdecke, Wetter, Witten, Hattingen und Hagen hat sich
sich in ihrer Entwicklungsstudie “Flusslandschaft Mittleres Ruhrtal” unlängst in Vorbereitung auf die IGA
2027 sehr intensiv mit der Infrastruktur an der Ruhr beschäftigt. Müssen die Herbeder-Ruhrbrücken nicht
auch Teil dieser Betrachtung sein? Um diese Chancen nutzen zu können, müssen unter Einbindung
interessierter und engagierter Bürger und Bürgerinenn sowie interdisziplinärer Fachkompetenzen alle
Anforderungen auf den Tisch!
Und um diesen vielschichtigen Anforderungen gerecht zu werden oder zumindest, um, unter Abwägung
aller Interessen, ein bestmögliches Planungskonzept zu erzielen, eignet sich, wenn nicht hier, wo dann,
das Instrument planerischer Ideenwettbewerbe oder kooperative Planungsverfahren. Zwar besteht
bereits eine konkrete Realisierungsabsicht, gleichwohl besteht deutlicher Bedarf einer ganzheitlichen
Annäherung an die Bauaufgabe.
Wettbewerbe bieten alternative Lösungsansätze und somit die Chance für die beste Planungslösung. Sie
fördern ein positives Image und eine größtmögliche Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Verschiedene Teams
aus Stadtplanern, Landschaftsarchitekten, Verkehrs- sowie Tragwerksplanern ringen dabei um die beste
Lösung der Bauaufgabe.
Muss es uns das nicht wert sein?
Witten, 06.12.2020
Kolja Burggräf, Dipl.-Ing. Arch.